Achtung Wildschweine

Jagdclub-Vorsitzender Michael Göllner erklärt einfache Regeln für den Kontakt mit Wildtieren.

Main-Kinzig-Kreis – „Kennen Sie den Wald-Knigge?“ Das antwortet Bürgermeister Michael Göllner auf die Frage, was man bei einer plötzlichen Begegnung mit dort lebendem Wild tun sollte. „Ruhig verhalten, auf den ausgewiesenen Wegen bleiben und immer den Hund anleinen!“

Der Hammersbacher Rathauschef ist als passionierter Jäger und Vorsitzender des Hanauer Jagdclubs schon oft solchen Situationen begegnet. Doch wer etwa als Hundehalter – außer zu seinem Vierbeiner – wenig Kontakt zu anderen Großtieren hat, ist in der Regel ziemlich überrascht, wenn er sich bei einem Gassi-Gang durch den Wald plötzlich einer Rotte Wildschweine gegenübersieht. Was sollte man also tun, um aus dieser überraschenden Lage heil und unbeschadet herauszukommen? Im Grunde ist die Sache recht gefahrlos, meint Göllner und weist darauf hin, dass Rehe, Hirsche und natürlich auch die schon bedrohlich wirkenden „Schwarzkittel“ Wildtiere sind, die bei einer Begegnung mit dem Menschen die Flucht ergreifen oder sich zumindest nicht aggressiv zeigen. „Man sollte einfach an ein Rudel Rehe denken, auf das man beim abendlichen Spaziergang durch die Feldgemarkung trifft“, erklärt der erfahrene Jäger. „Die Tiere nehmen sofort Reißaus, wenn sie einen Fußgänger bemerken und verschwinden in der sicheren Deckung.“

Ähnlich verhalten sich auch die anderen Wildtiere, die im Wald unterwegs sind. Dort sollte man als Fußgänger grundsätzlich immer auf den erkennbaren Wegen bleiben und nicht etwa durch das Unterholz stöbern. So läuft man auch nicht Gefahr, plötzlich einem schweren Keiler oder – noch schlimmer – im Frühjahr einer Muttersau mit Frischlingen gegenüber zu stehen. „So eine Bache sorgt sich natürlich um ihren Nachwuchs und verteidigt ihn gegen jeden vermuteten Angriff, auch wenn eigentlich gar nichts passiert.“ Gerade freilaufende Hunde sind dann bei einem Kontakt mit der Muttersau in höchster Lebensgefahr und gehören daher, selbst wenn sie eine gute Ausbildung haben, immer an die Leine.

Was sollte man aber tun, wenn es dann doch einmal zu einer solchen Begegnung, etwa mit einer Wildsau, kommt? „Die Arme ausbreiten, sich also groß machen, aber nicht hektisch mit den Armen rudern,“ rät Göllner. Und dazu laut schreien, etwa „Hau ab, hau ab!“ oder ähnliches. Das würde in der Regel ausreichen, um das Tier zum Weglaufen zu animieren. Dabei haben die Waldbewohner den 360-Grad-Vorteil; egal in welche Richtung sie sich wenden, überall finden sie schnell Deckung im Wald.

Anders sieht die Sache aus, wenn eine Wildsau im Wohnbereich auftaucht. Hier gerät das Tier aufgrund der eingeschränkten Bewegungs- oder Fluchtmöglichkeit schnell unter Stress und verhält sich dementsprechend. Zielloses Herumrennen und heftiges Randalieren sind immer eine Aufforderung für Jedermann, sofort in Deckung zu gehen. „Da es im befriedeten Wohnbereich keine Jagdpächter gibt, wäre in einem solchen Fall die kommunale Ordnungsbehörde der Ansprechpartner“, sagt der Rathauschef. In der Regel würden Anwohner oder Passanten aber die Polizei anrufen. Um beim Auftauchen von Wildschweinen schnell einen sicheren Ort zu finden, muss man gelegentlich auch etwas erfinderisch sein – wie etwa ein Großvater in Potsdam, der mit seinem kleinen Enkel in einer ruhigen Wohngegend unterwegs war. Als eine Rotte Schwarzkittel auf die beiden zu kam, „deponierte“ der Mann den Buben umgehend in einer vor einem Haus stehenden blauen Papiertonne und setzte sich dann oben auf den Deckel, bis die wilden Schweine an ihm vorbeigestürmt waren. Doch das sind nur Ausnahmefälle, die dann durch die Medien bekannt werden, sagt Göllner. Eigentlich seien Begegnungen mit Wildtieren eher selten in Wald oder Feld zu erwarten. „Wer sich, insbesondere in der kommenden Setz- und Brutzeit, an den Wald-Knigge hält und bei Ansicht dieser Tiere ruhig bleibt, der kann sicherlich ein schönes Naturerlebnis für sich verbuchen.“

Von Ingbert Zacharias

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