Über die Freuden und Tücken des Teilens / Von Helmut Müller Ei Gude, wie?

Helmut Müller

Das eigene Hab und Gut mit anderen zu teilen, ist so eine Sache. Können Sie teilen? Oder anders gefragt: Sind Sie ein Geber-Typ oder nehmen Sie lieber? Also ich empfinde Befriedigung, wenn ich jemandem eine Freude machen kann, in dem ich ihm etwas aus meinem Besitz überlasse, was er dringend gebrauchen kann. Aber Hand aufs Herz, ich gebe auch nur Dinge, die ich nicht mehr gebrauche. Was ich noch brauche, verschenke ich auch nicht. Verleihen, ja. Aber auch das ist so eine Sache. Da haben wir alle schon Lehrgeld bezahlt. Der Schnorrer sagt auch nicht ‘Achtung, verleih mir nichts, ich bin ein Schmarotzer und gebe nichts zurück’. Er kommt mit dem Honigtopf und blendet uns, sodass wir das Böse in der Absicht nicht erkennen. Eben ein cleveres Kerlchen.

Das meine ich auch nicht. Ich meine die geschenkte oder selbst besorgte Tafel Schokolade. Wir alle beschenken mehr oder weniger unsere Lieben und geben dafür mehr oder weniger Geld dafür aus. Manche von uns verhalten sich dabei echt generös und andere, na ja, reden wir nicht darüber. Für mich sind alle Arten von Süßigkeiten eine Herausforderung. Ja, ich bin eine Naschkatze! Für Süß bin ich empfänglich. Gleichwohl weiß ich, dass zu viel nicht gut ist. Die Menge macht es. Für mich gilt, weniger ist mehr. Und da kommt bei mir das Teilen ins Spiel. Für mich ist Teilen eine Art Therapie. Während ich also die Schokolade mit meinen Mitmenschen teile, verteile ich Freude, gewinne neue Freunde und verhindere damit, dass ich die ganze Tafel in mich hinein stopfe und damit mein tägliches Kontingent an Süßem überschreite. Ist doch genial! Oder?

Blöd ist aber, sagen wir, wenn die Tante mir eine Tafel Schokolade schenkt und die Schenkung mit der Voraussetzung verknüpft: Iss nicht alles auf einmal und teile mit deinen Geschwistern. Wie ich heute darüber denke, will die Tante bestimmt nicht wissen. Nur so viel „denke“ ich: Behalt’ die Tafel und verteile sie selber an meine Geschwister. Besser wäre: Tafel annehmen und bedanken, mit dem Hinweis: ‘Mache ich’. Ein Friedensangebot, das nicht jeder über die Lippen bringt. Überhaupt Geschenke mit Bedingungen zu verknüpfen, sollte man eigentlich lassen. Menschen, die das machen, haben das Prinzip nicht verstanden. Wohl dem, der hat und gibt. Es können auch gute Worte sein. Sie kosten nichts und machen froh und glücklich.

Es gibt aber auch Menschen, die teilen nicht Schokolade, sondern die teilen Gesellschaften und das mit voller Absicht. „Wenn ein Mächtiger teilt, beträgt seine Hälfte mindestens sechzig Prozent!“, sagte Georges Clemenceau ein französischer Politiker. Niccolò di Bernardo dei Machiavelli war ein italienischer Philosoph, Politiker, Diplomat, Chronist, Schriftsteller und Dichter. Kurz gesagt, er beschreibt, wie man eine Gesellschaft erst teilt und dann gegeneinander aufhetzt. Das ist das System teile und herrsche. Der später geprägte Begriff Machiavellismus wird oft als abwertende Beschreibung eines Verhaltens gebraucht, das zwar raffiniert ist, aber ohne ethische Einflüsse von Moral und Sittlichkeit die eigene Macht und das eigene Wohl als Ziel sieht. Sein Name wird daher heute häufig mit rücksichtsloser Machtpolitik unter Ausnutzung aller Mittel verbunden. Was wir alle teilen, ist unser Platz auf diesem Planeten. Noch haben wir keinen anderen. In diesem Sinne, lasst Euch nicht teilen, vertragt Euch und genießt gemeinsam Schokolade. Ei Gude, wie!