Vom Nachgeben / Von Helmut Müller Ei Gude, wie?

Helmut Müller

Können Sie nachgeben? Oder sind Sie der Typ, der auf seinen Standpunkt besteht? Nachgeben und Zugeben sind Dinge des alltäglichen Lebens und können, wenn zwei Starrköpfe aneinandergeraten, zu Konflikten führen. „Der Klügere gibt nach, aber nicht auf!“, sagt Rupert Schützbach. Schützbach ist ein über die Grenzen Bayerns hinaus bekannter Aphoristiker (Verfasser von Denk- und Sinnsprüchen) und Epigrammatiker (Spruchdichter) mit zahlreichen Veröffentlichungen. Und so empfinde ich das mittlerweile auch. Ich gebe lieber nach, als dass ich mich rumstreite.

Nachgeben ist immer Verzicht zugunsten eines anderen. Mütter sind die geborenen Nachgeber. Erst die Kinder, dann der Mann und sie bekommt, was übrig bleibt. Ich kenne das noch aus meinen Kindheitstagen. Es wurde fast immer gemeinsam gegessen. Zuerst bekam der Vater, dann die Kinder und logischerweise, da die Mutter ja bediente, die Mutter zuletzt das Essen auf den Teller. Unabhängig davon bekam der, der zu spät kam, nur noch etwas vom Rest, der übrig blieb. Das Begehrte war dann meist schon längst weg. Bei uns wurden die Teller sowieso und die Töpfe auch immer leer gegessen. Und überhaupt sind Mütter, die Verzichter schlechthin. Ich könnte jetzt das hohe Lied auf unsere Mütter anstimmen, ich mach es aber nicht, weil ich mich diesem Thema lieber gesondert annehme. Zugegeben: Nachgeben ist nicht jedermanns Sache. Es gehört aber zum Leben dazu.

Mich ärgert diesbezüglich immer, wenn die Schwächeren das kleinere Stück ziehen. Sie kennen den Witz? Zwei Herren sitzen an einem Tisch und wollen Hering essen. Der Ober bringt eine Platte mit zwei Heringen, einem großen und einem kleinen. Die beiden Herren schauen sich an und überlegen, welchen sie sich nehmen wollen. Der Forschere nimmt sich den großen Hering von der Platte. Darauf erwidert der Zurückhaltende: „Ich hätte mir den Kleineren genommen.“ Worauf der Forsche erwidert: „Ich weiß nicht, was Sie wollen, Sie haben ihn doch bekommen!“ Ja, so ist das, wie im richtigen Leben. Unter guten Freunden hätte der Erstzugreifende bestimmt aus Höflichkeit den kleinen Fisch genommen und den größeren seinem Freund überlassen. Nachgeben oder stur bleiben, was ist die bessere Strategie? Es gibt keine Patentlösung! Es sei denn, man ist ein „Allmein“, der will sowieso alles für sich alleine haben. Der „Allmein“ ist und wird nicht mein Freund werden, sage ich. Mir ist die liebende Mutter, die gibt, lieber. Das Maß liegt wahrscheinlich in der Mitte, wie so oft.

Die österreichische Schriftstellerin Freifrau Marie von Ebner-Eschenbach (1830-1916) schrieb „Der Klügere gibt nach! Eine traurige Wahrheit, sie begründet die Weltherrschaft der Dummheit.“ Sie gilt mit ihren psychologischen Erzählungen als eine der bedeutendsten deutschsprachigen Erzählerinnen des 19. Jahrhunderts. Was soll ich da noch sagen? Viel Spaß beim Nachgeben und Teilen. Vertragt euch letztendlich wieder! Ei Gude, wie!