Corona und sonst nichts?

Sabine Leidig (DIE LINKE)

Die Coronapandemie und ihre wirtschaftlichen, sozialen und politischen Folgen werden uns wohl noch bis 2022 beschäftigen. Immer mehr Menschen kennen Angehörige, Freunde oder Arbeitskolleg*innen, die an Corona erkranken oder sogar sterben. Deshalb ist es verständlich, dass Impfstoffe, mutierte Virusvarianten oder mögliche Lockerungen im Vordergrund des allgemeinen Interesses stehen.

Immer mehr gerät auch die Fähigkeit oder Unfähigkeit von Staatsorganen und Ämtern in den Blick. Es ist ja nicht naturgegeben, wenn viele Gesundheitsämter noch auf Faxgeräte angewiesen sind. So etwas ist das Resultat einer Politik, die dem Markt alles und dem Staat nichts zutraut und Letzteren deshalb über Jahre finanziell ausgetrocknet hat.

Derzeit ist nicht absehbar, wann die noch größeren Aufgaben ins Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit rücken: die Bewältigung der Klimakrise, eine wirkliche Friedenspolitik und die Überwindung der sozialen Ungleichheit. Corona ist ein Katalysator der sozialen Ungleichheit. Durch Kurzarbeit, Arbeitsplatzverlust und Extraausgaben sind die Einkommen vieler Menschen drastisch verringert, wohingegen die Einkommen der Reichen und Superreichen im letzten Jahr zugenommen haben.

Und es ist zu befürchten, dass die Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie viele Betriebe trotz Corona-Hilfen in den Ruin treiben. Wie wir am Beispiel ABB-Hitachi in Hanau erfahren mussten, wird Corona allerdings auch gerne mal ausgenutzt, um den ganz normalen kapitalistischen Wahnsinn durchzuziehen. Der Wirtschaftseinbruch ist dramatisch und er trifft nicht nur Deutschland. Diese Krise ab Herbst diesen Jahres mit hohem allgemeinem Wirtschaftswachstum (Wachstum des Bruttoinlandsprodukts) überwinden zu können, scheint deshalb auf den ersten Blick sinnvoll zu sein. Doch kommt es, hat man den notwendigen sozialen und ökologischen Umbau der Gesellschaft im Blick, überhaupt auf Wirtschaftswachstum an? Ich glaube nicht.

Viel wichtiger als eine bloße Zahl ist doch das, was wächst. Beispielsweise gut bezahlte Arbeitsplätze im Gesundheitswesen, in der Bildung, bei der Pflege, bei Bussen und Bahnen oder im Bereich der erneuerbaren Energien. Dies kann den unvermeidbaren Abbau von Arbeitsplätzen etwa in der Automobilwirtschaft oder bei den fossilen Energien schrittweise auffangen. Ein steigendes oder sinkendes Wirtschaftswachstum ist dabei unwichtig.

Die Corona-Pandemie wird wohl nächstes Jahr vorbei sein, die zunehmende Kluft zwischen arm und reich, die drohende unkontrollierbare Klimakatastrophe und wachsende Kriegsgefahren - auch mit neuen Atombomben in Deutschland - sicher nicht. Es wird über unsere Zukunft mitentscheiden, ob der Staat mit den „Coronamilliarden“ Anstöße für den sozial-ökologischen Umbau der Gesellschaft gibt oder nicht. Und wie es nach den Wahlen in diesem Jahr mit Investitionen in soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz weiter geht. Wir setzen uns dafür ein, dass es kein Zurück zur zerstörerischen „Normalität“ gibt - auch im Main-Kinzig-Kreis.