Eine Frage der Gerechtigkeit

Christoph Degen (SPD)

Warum will die SPD die derzeit ruhende Vermögenssteuer wiederbeleben? Es ist kein Geheimnis: Das private Vermögen in Deutschland ist auf wenige Personen konzentriert. Das Vermögen steigt, der Personenkreis schrumpft, das heißt immer mehr Geld auf immer weniger Schultern.

Diese starke Vermögenskonzentration gefährdet den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Oft hört man hier nun, es sei eine Neiddebatte. Dabei geht nicht um Neid, im Gegenteil: Es gibt durch das Sozialstaatsprinzip sogar einen Verfassungsauftrag, Vermögen stärker zu besteuern. Zumal die starke soziale Ungleichheit nicht nur den sozialen Frieden und das Vertrauen in die Gesellschaft und den demokratischen Staat gefährdet, sie ist auch schlecht für das Wachstumspotenzial einer Volkswirtschaft. Denn Deutschland leidet unter der zu ungerechten Verteilung des Wohlstands. Wenn auf der einen Seite die Vermögen der Superreichen wachsen und sich auf der anderen Seite immer mehr Menschen fragen, ob sie sich ihre Wohnung in Zukunft noch leisten können, ob sie für ihre Kinder wirklich die beste Bildung bekommen und ob sie im Alter Zugang zu guter Pflege haben werden, schwächt das den Zusammenhalt der Gesellschaft.

Wir wollen diese Spaltung und die überdurchschnittlich hohe Belastung der Normalverdiener zum Gemeinwohl stoppen. Wir wollen auch, dass unsere Städte und Gemeinden allen ein lebenswertes Zuhause bieten können, der Rentnerin ebenso wie dem Busfahrer oder der alleinerziehenden Mutter mit ihrer Familie. Um das zu erreichen, müssen wir in Infrastruktur und Digitalisierung investieren, damit Deutschland ökonomisch weiter vorne mitspielt. Dazu gehört auch, den Klimawandel zu stoppen, ohne dass diejenigen über Gebühr dafür zahlen müssen, die ohnehin wenig haben.

Die Frage nach einer Wiedererhebung der Vermögensteuer ist also eine Frage der Gerechtigkeit. Denn seit die Vermögensteuer ab 1997 nicht mehr erhoben wird, ist die Vermögensverteilung immer mehr in Schieflage geraten. Um die Schere zwischen Arm und Reich wieder zu schließen und die Spaltung unserer Gesellschaft zu stoppen, brauchen wir eine vernünftige Besteuerung sehr großer Vermögen, also von Multimillionären.

Auch ist die Vermögenssteuer nicht alleine zu betrachten, sondern einzubetten in einen größeren Zusammenhang: in ein gerechteres Steuersystem mit der Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen, mit einer Besteuerung von Finanztransaktionen und einer Mindestbesteuerung für global agierende (Digital-)Konzerne, damit Steuerflucht und Gewinnverlagerung unterbunden werden können. Zusätzlich geht es um Überlegungen, wie Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen leichter ein Vermögen aufbauen können.