Großprojekt für Energieversorgung

Von der Gasleitung wird später einmal nicht viel zu sehen sein: Der für das Verlegen der Pipeline notwendige Arbeitsstreifen wird nach dem Verlegen wieder zugeschüttet. Foto: terranets bw

Neue Erdgasleitung soll durch den Main-Kinzig-Kreis nach Südhessen führen.

Main-Kinzig-Kreis – Der Betreiber von Gastransportnetzen terranets bw mit Sitzen in Stuttgart und Frankfurt plant eine neue Gaspipeline zwischen dem Main-Kinzig-Kreis und dem Kreis Bergstraße. Die sogenannte Spessart-Odenwald-Leitung wird unter anderem auch auf Hanauer Gemarkung verlaufen.

Bei dem Projekt geht es vor allem um Versorgungssicherheit. Die Spessart-Odenwald-Leitung, von den Planern kurz SPO genannt, ist Teil einer bundesweiten Ausbauplanung im Rahmen des Netzentwicklungsplans Gas 2020-2030. Die Gasleitung soll nach Fertigstellung auf einer Gesamtlänge von 115 Kilometern vom Biebergemünder Ortsteil Wirtheim in Richtung Westen durch den Main-Kinzig-Kreis über das südliche Stadtgebiet von Hanau nach Südwesten unter anderem über Rodgau ins südhessische Lampertheim verlaufen. Die Inbetriebnahme ist für 2027 geplant.

Der Bau der neuen Leitung sei notwendig, um den steigenden Bedarf an Transportkapazitäten für Erdgas in ihrem Versorgungsgebiet zu decken und damit den vereinbarten Ausstieg aus Atomenergie und Kohle in der Region abzusichern, schreibt die Betreiberfirma auf ihrer Internetseite.

Die terranets bw unterhält nach eigenen Angaben ein Gasleitungsnetz von insgesamt 2750 Kilometern Länge, von Niedersachsen bis zum Bodensee, vor allem aber in Baden-Württemberg. Darüber hinaus plant der Betreiber einige Neubauprojekte in Hessen und Baden-Württemberg, insgesamt 275 Kilometer neue Rohre. Eines der Neubauprojekte ist die Spessart-Odenwald-Leitung.

Die terranets verfügt bereits über eine Gasleitung, die durch den Main-Kinzig-Kreis und südlich an Frankfurt vorbei in Richtung Süden führt. Die neue Strecke wird bei Wirtheim von der bestehenden Linie abzweigen und auf kürzerem Weg nach Süden verlaufen. Auf Hanauer Gemarkung wird sie vor allem durch Waldgebiet führen.

Eine Machbarkeitsstudie zur Spessart-Odenwald-Leitung ist den Angaben des Betreibers auf dessen Internetseite bereits abgeschlossen Die Planung sieht vor, die SPO weitestgehend entlang der bestehenden Gastransportleitung Mitte-Deutschland-Anbindungsleitung (Midal) zu führen. Indem neue Infrastrukturen wie Leitungen möglichst nah an bestehenden Autobahnen, Eisenbahntrassen oder Bestandsleitungen verlaufen, würden Eingriffe in die Natur und Veränderungen des Landschaftsbildes minimiert, teilt terranets auf eine Nachfrage unserer Zeitung zur Planung mit. An wenigen Stellen könne der Leitungsverlauf der geplanten SPO von der Midal abweichen – etwa aus technischen Gründen oder weil beispielsweise der Naturschutz, bestehende Industrieanlagen oder bewohnte Gebiete dies erforderten.

Seit Sommer 2022 laufen demnach die Untersuchungen zur detaillierten Planung des Trassenverlaufs. Der weitere Zeitplan sieht vor, dass terranets im kommenden Jahr den Genehmigungsantrag für den Bau und Betrieb der SPO beim Regierungspräsidium (RP) Darmstadt stellt. Daran anschließend beginnt dann das Planfeststellungsverfahren, in dem das RP alle durch die Planung berührten öffentlichen und privaten Belange abwägt. Träger öffentlicher Belange und Betroffene können ihre Stellungnahmen einbringen. Parallel zum Genehmigungsverfahren will der Netzbetreiber mit dem Erwerb der Wege- und Leitungsrechte beginnen. Ab 2025 sollen dann die Vorbereitungen für den Bau der Leitung beginnen. Der Bau selbst werde voraussichtlich 2026 starten. Das Projekt hat nach Angaben von terranets einen Gesamtkostenrahmen von rund 410 Millionen Euro.

Die neue Leitung werde wie alle neuen Pipelines „H2-ready“ errichtet, das heißt, durch die Rohre wird es zukünftig möglich sein, neben klimaneutralen Gasen auch Wasserstoff zu transportieren. Grüner Wasserstoff soll dabei helfen, zukünftig unabhängiger vom Erdgas zu werden.

Zur Vorbereitung des Trassenbaus durch den Main-Kinzig-Kreis und Südhessen gehört unter anderem auch eine Kampfmittelsondierung. Eine entsprechende Erkundung fand im Januar dieses Jahres statt. Auch archäologische Untersuchungen gehören dazu, Expertinnen und Experten untersuchen den Trassenverlauf entlang des zukünftigen Arbeitsstreifens auf mögliche bedeutsame Funde. Für den Bau wird ein in der Regel rund 34 Meter breiter Arbeitsstreifen für die Leitungsrohre gegraben. Nachdem die Rohre verlegt und angeschlossen sind, wird der rund 2,5 Meter tiefe Graben wieder verfüllt, die landwirtschaftlich genutzten Bodenflächen anschließend wieder rekultiviert.

Bei der Planung würden zahlreiche Faktoren betrachtet, unter anderem umwelt- und naturschutzfachliche Anliegen sowie die städtebauliche Entwicklung von Kommunen. Nach Möglichkeit werde ohnehin versucht, eine Trassenführung in bebauten oder zur Bebauung vorgesehenen Gebieten zu vermeiden. Um den optimalen Trassenverlauf ausfindig zu machen, halte sich terranets bw an verschiedene Trassierungsprinzipien. Die Kriterien für die Trassierung seien neben dem Umgehen bebauter Flächen eine möglichst geradlinige Trassenführung, weitgehende Trassenbündelung und eine schonende Durchquerung von Schutz- und Waldgebieten.

Entlang der 115 Kilometer langen Leitung wird es laut terranets voraussichtlich acht Abnahmestellen geben. Momentan handele es sich in allen diesen Fällen um regionale Netzbetreiber.

Von David Scheck