Wir müssen jetzt zusammenstehen

Udo Bullmann (SPD)

Der Starkregen in Deutschland wie im benachbarten Belgien hat hunderte von Menschen das Leben gekostet. Viele gelten immer noch als vermisst. Unzählige Existenzen wurden zerstört, die davon Betroffenen stehen vor dem Nichts. Feuerwehr und Rettungsdienste haben aufopferungsvolle Arbeit geleistet. Aus ihren Reihen selbst sind Opfer zu beklagen. Wir denken gerade auch an sie und ihre Familien. Wir werden ihren Mut und ihren heldenhaften Einsatz für andere in Not nie vergessen.

Die Hilfsbereitschaft ist groß, Nachbarn, Freunde, aber auch wildfremde Menschen kommen und packen mit an. Das wirft ein Licht auf das, was gut ist in unserem Gemeinwesen, was bei uns funktioniert, trotz Anonymisierung und Vereinzelung. Wo Menschen Leid teilen, sich engagieren, Emphase für die Schicksale ihrer Mitbürgerinnen und Mitbürger zeigen, wächst die Kraft einer Gesellschaft, Krisen zu überwinden und Neues zu beginnen.

Auch wenn die Aufräumarbeiten nun vorangehen, der Wiederaufbau in den Städten und Gemeinden wird viele Jahre in Anspruch nehmen. Und es wird eine gemeinsame Aufgabe nicht nur für Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und die betroffenen belgischen Provinzen werden. Die gesamte Bundesrepublik, der belgische Staat insgesamt müssen den Wiederaufbau zu ihrem Kernanliegen machen.

In der Europäischen Union müssen wir entschieden handeln. Mit unseren Programmen und Nothilfe-Fonds für die Regionen, aber auch damit, dass wir nicht länger zögern, den Hebel mit aller Kraft umzulegen. Je näher die Einschläge kommen, umso klarer sehen wir, dass wir Opfer des menschengemachten Klimawandels werden. Deshalb, kein Zaudern und Zögern mehr. Der sozial-ökologische Umbau mit nachhaltiger Energie und Mobilität, mit neuen Chancen für Menschen in Berufen, die vom Wandel besonders berührt sind, muss ganz oben auf der Tagesordnung stehen. Zurecht fordern wir im Europäischen Parlament seit Jahren mehr Engagement von EU-Kommission und Mitgliedstaaten. Das kürzlich vorgestellte Maßnahmenpaket „Fit für 55“ (mit dem Ziel, den Ausstoß von Treibhausgasen bis 2030 im Vergleich zu 1990 um mindestens 55 Prozent zu reduzieren) weist in die richtige Richtung. Es muss aber forciert und zusammen mit den Menschen, die sich und ihre persönliche Zukunft darin wiederfinden wollen, umgesetzt werden.

Finanzminister Olaf Scholz hat darauf gedrängt, dass der Bund unmittelbar 400 Millionen Euro Soforthilfe flott macht. 200 Millionen davon sollen direkt für die Opfer der Flutkatastrophe bereitgestellt werden. Olaf Scholz sagt zurecht und ist sich darin mit Bundeskanzlerin Merkel einig, dass das bei weitem nicht reichen wird. Schäden an Gebäuden und Infrastruktur müssen dringend behoben, Straßen, Brücken und Schienenwege komplett rekonstruiert werden. Und wir müssen unsere Volkswirtschaft und unsere Verkehrssysteme dringend umbauen, damit Menschen auf diesem Planeten in Zukunft noch glücklich und in Frieden leben können.

Die Konzepte dafür haben wir. Die finanziellen Mittel als eines der reichsten Länder dieser Erde auch. Was wird jetzt brauchen, ist Mut und Leidenschaft, unsere Ziele entschieden umzusetzen. Mut und Leidenschaft - Eigenschaften, die nur aus einer starken Gesellschaft kommen. Einer Gesellschaft, in der entschiedene Bürgerinnen und Bürger den Kurs bestimmen.