Respekt vor der Lebensleistung

Bundestagsabgeordnete Bettina Müller (SPD)

Ten years in the making: Nach langen Diskussionen hat der Bundestag in der vergangenen Woche die Grundrente beschlossen. Endlich hat die Union dem öffentlichen Druck nachgegeben, ihre Verzögerungstaktik eingestellt und den Weg frei gemacht für diesen wichtigen Baustein im Kampf gegen die Altersarmut.

Denn künftig haben Menschen, die mindestens 33 Jahre lang gearbeitet, Kinder erzogen oder Angehörige gepflegt haben einen Anspruch auf die Grundrente. Finanziert wird das aus dem Bundeshaushalt und nicht aus Sozialversicherungsbeiträgen - das heißt, es geht nicht zulasten der Rentenversicherungsbeiträge oder des Rentenniveaus. Gerade beim Thema Mütterrente gab es darüber ja erhebliche Diskussionen.

Die Grundrente ist eine Anerkennung der Lebensleistung von 1,3 Millionen Menschen, die ein langes Arbeitsleben hinter sich haben und dennoch kaum Rente beziehen. Viele von ihnen gehören zu den Berufsgruppen, die gerade in Corona-Zeiten als Helden des Alltags bezeichnet werden: Kassiererinnen, Lagerarbeiter, Altenpflege-Helferinnen. Diesen Menschen Applaus zu spenden, ihnen systemrelevanz zu bescheinigen und im nächsten Satz eine konkrete Verbesserung ihrer Altersbezüge als staatliches Almosen oder ein SPD-Wahlgeschenk zu bezeichnen (wie es viele Kritiker der Grundrente in den letzten Monaten getan haben) finde ich zutiefst zynisch. Trotzdem ist der Kampf gegen die Altersarmut damit natürlich nicht abgeschlossen. Zum einen hat sich meine Fraktion dafür stark gemacht, dass weit mehr Menschen, die ein Leben lang gearbeitet und trotzdem nur wenig Geld in der Tasche haben, von dieser Zahlung profitieren. Leider hat sich der Koalitionspartner an dieser Stelle erneut quergestellt.

Zum anderen muss das Problem bei der Wurzel gepackt werden: Altersarmut ist oftmals das Ergebnis von Armut im Erwerbsverlauf. Deshalb setzen wir uns für eine schnelle Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro pro Stunde ein, für mehr Tarifbindung und damit auch allgemein für höhere Einkommen. Da gibt es noch viel zu tun.

Gerade denen, für die solche Maßnahmen zu spät kommen weil sie bereits in Rente sind, muss dennoch der Respekt vor ihrer Lebensleistung entgegengebracht werden, auch wenn der Staat dafür einspringen muss. Das ist gerade in einem reichen Land wie Deutschland finanzierbar - und eine Frage der Leistungsgerechtigkeit.