Coronavirus: Impfen - na klar

Prof. Dr. Ralf-Rainer Piesold

Es ist gut, dass die Impfungen nun auch im Main-Kinzig-Kreis begonnen haben. Insgesamt wird man sicherlich mehrere Monate brauchen, um die Bevölkerung zu immunisieren. Dabei werden sich in der Frage, ob eine Impfung gegen das Covid19 Virus notwendig ist, wohl wieder Befürworter und Verweigerer gegenüber stehen.

Ebenso wie es immer noch Menschen gibt, die behaupten, es handele sich bei der Covid19 Infektion lediglich um eine neue Art der Grippe, wird es Menschen geben, die eine Impfung aus mannigfaltigen Gründen ablehnen. Die Fehleinschätzung der Coronaleugner basierte unter anderem darauf, dass das Gesundheitssystem den Ansturm der Erkrankungen relativ gut bewältigen konnte. Dazu beigetragen hat die ausreichende Anzahl von Klinikbetten, die vorher als „Überkapazitäten“ (Bertelsmannstiftung) bezeichnet wurden.

Aber auch die Maßnahmen des mehrfachen Lockdowns führten zur Eingrenzung der Pandemie. Beides ist aber nicht kostenneutral zu realisieren, sondern war nur aufgrund der guten wirtschaftlichen Ausgangslage leistbar. Sicher ist, dass die Corona-Pandemie auch im Main-Kinzig-Kreis weitreichende wirtschaftliche Folgen haben wird, die sich unter anderem in den Steuereinnahmen widerspiegeln werden. Sehr wahrscheinlich rollt zudem noch eine Pleitewelle auf den Kreis zu, wenn die staatlichen Hilfen und die gesetzlichen Ausnahmesituationen, wie die Aussetzung der Insolvenzanmeldung, auslaufen werden.

Schon heute leiden Teile der Bevölkerung, wie die Kunstschaffenden und viele Selbstständige, unter der gegeben Situation extrem stark. Aber die Frage, wer die Lasten trägt, die aufgrund der kolossalen Neuverschuldung entstanden sind, bleibt offen. Eines ist jedoch sicher, weitere Lockdowns sind kaum ökonomisch machbar. Deswegen ist es wichtig, dass die Pandemie eingedämmt wird. Das probateste Mittel dazu ist, dass die Bevölkerung geimpft wird.

Leider zeichnen sich aber schon wieder kontroverse Positionen ab. Das individuelle Risiko aus einer Impfung wird von Teilen der Bevölkerung höher eingeschätzt als ihr individueller Nutzen. Das resultiert auch unter anderem daraus, dass der volkswirtschaftliche Schaden sozialisiert wird und Staatsschulden abstrakt sind. Es droht eine ähnliche Situation wie bei der Corona-App, die bisher nur eine begrenzte Wirkung zeigte. Wenn nun das Problem beim Impfen ähnlich verlaufen wird und eine Quote von 60 Prozent nicht erreicht wird, wäre das aber fatal. Da man einem Impfzwang - wie bei den Pocken - aus durchaus nachvollziehbaren Gründen ablehnt, sollte die Freiheit der Entscheidung aber mit der Verantwortung hinsichtlich dieser Entscheidung verknüpft werden.

Der Wirtschaftsnobelpreisträger Richard Thaler hatte die Idee der „Nudges“ (Schuppser) entwickelt, mit denen man kluge Entscheidungen anstößt. Die logistische Lösung der Impfung von über 60 Prozent der Bevölkerung ist schon schwierig. Wenn die Bereitschaft am Ende des Tages bei unter 50 Prozent liegen würde, wird man das Ziel auf jeden Fall verfehlen. Für die Bevölkerung und die Wirtschaft wäre das katastrophal, da man mit erneuten Lockdowns rechnen muss. Deswegen sollte für alle Bürgerinnen und Bürger gelten - impfen, na klar.