Vernunft und Hoffnung

Dr. Sascha Raabe (SPD) Bundestagsabgeordneter

Die Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz sowie die Kommunalwahlen im Main-Kinzig-Kreis machen Hoffnung. Denn die Wählerinnen und Wähler haben der rechtsextremen AfD, die mit Hass und Hetze unser Land spalten will, einen Denkzettel verpasst. Die AfD hat ein Drittel ihrer Stimmen verloren.

Die CDU hat bei den Landtagswahlen ebenfalls herbe Verluste erlitten. Das ist auch auf den Unmut über das schlechte Krisenmanagement von Kanzlerin Angela Merkel und Gesundheitsminister Jens Spahn zurückzuführen. Erst wurde trotz deutscher EU-Ratspräsidentschaft nur zugeschaut, wie die EU zu spät und zu wenig Impfstoff bestellt hat und nun sind nicht ausreichend Schnell- und Selbsttests vorhanden. Der Mangel an Testmöglichkeiten führt insbesondere bei der erfolgten Öffnung von Kitas und Schulen zu steigenden Infektionszahlen in der Gesamtbevölkerung.

Hoffnung macht trotz Rückschlägen bei AstraZeneca der Fortschritt bei den Impfungen. Zwar hätten wir hier schon viel weiter sein können (und müssen), aber immerhin sind die besonders vulnerablen Menschen in den Alten- und Pflegeheimen bereits geimpft und die über 80-Jährigen werden bis Ende März durch Impfungen geschützt sein. In einigen Bundesländern werden bereits die über 70-Jährigen geimpft. Entsprechend erfreulich verringern sich die Todesfälle in Relation zu der Zahl der Neuinfektionen. Denn 90 Prozent der Todesfälle betreffen über 70-Jährige und nun infizieren sich vor allem jüngere Menschen, die in der Regel leichtere Krankheitsverläufe haben. Natürlich gibt es bei einem kleinen Teil der Jüngeren auch ernsthafte Verläufe und einige leiden mehrere Monate unter Langzeitfolgen. Aber es gibt auch durch den Lockdown viele ernsthafte Gesundheitsschäden, zum Beispiel Depressionen durch Existenzängste und Vereinsamung, psychische Belastungen bei Kindern, Zunahme häuslicher Gewalt und einen deutlichen Anstieg von Herz-Kreislauferkrankungen, weil der Breitensport für die Masse der Bevölkerung weggefallen ist. Von den wirtschaftlichen Schäden ganz zu schweigen. Das muss alles vernünftig miteinander abgewogen werden. Je weiter der Impffortschritt voranschreitet, desto weniger wichtig wird das Kriterium der Infektionszahlen (7-Tage-Inzidenz) als alleinige Grundlage für Öffnungen oder Schließungen. Wenn die Risikogruppen geimpft sind, müssen die Hospitalisierungszahlen und Todesfälle ausschlaggebend werden. Das empfiehlt auch der Deutsche Ethikrat, in dem viele namhafte WissenschaftlerInnen aus verschiedenen Disziplinen vertreten sind.

Es ist logisch, dass die bisherigen Lockerungen und die Ausweitung der Tests die Infektionszahlen steigen lassen. Wenn die Zahlen der Hospitalisierungen und Todesfälle hingegen nicht signifikant steigen, sind weitere Öffnungen auch bei einer Inzidenz von über 100 durchaus verantwortbar. Insbesondere der Einsatz vorheriger Schnelltests kann Öffnungen in vielen Bereichen verantwortungsvoll möglich machen.

Also Vernunft und Hoffnung statt Panik und Angst walten lassen.